Wertschätzende Kommunikation – Teil 12

kinder spielenThema: Wertschätzende Kommunikation mit Kindern in der Autonomiephase (Analphase von 2 – 4 Jahre)

Letzte Woche habe ich einen Post auf Facebook geschrieben, der die Gemüter doch sehr erhitzte. Ich habe viele Rückmeldungen erhalten. Von unterstützenden Worten bis hin zu neugierigen Fragen. Was mich am allermeisten überraschte, waren die Anfragen, wenn und was ich den nun gemeint habe. Ich hatte das Gefühl, das getroffene Hunde bellen bzw. sich rückversichern wollten, dass ich sie eben nicht gemeint habe. Egal welche Reaktion mich erreichte, ich bin dankbar für alle und habe so erfahren dürfen, inwiefern das Thema Wertschätzung für Kinder im Bewusstsein verankert ist.

Die liebe Dani von www.gluckeundso.de hat zu einer Blogparade eingeladen. Das Thema: „Wie ist denn die Autonomiephase bei euch gewesen? Erzählt mir davon. Ich rufe hiermit zur Blogparade mit dem Hashtag #verdrehteWelt.“

Das nehme ich gern zum Anlass, um das Thema Wertschätzung in der Analphase näher zu beleuchten.


Was ist die Autonomiephase bzw. Analphase?

In unserer Entwicklung durchlaufen wir verschiedene Phasen, in denen verschiedene Dinge mit uns geschehen. Der geliebte Herr Freud hat da eine Einteilung vorgenommen, die bis heute vermittelt wird. Hintergrund ist, zu ergründen, warum unsere Kinder in manchen Phasen sind wie sie eben sind. Die erste Stufe ist die Oralphase. Diese Phase wird von 0 – 2 Jahren strukturiert. Hierbei geht es um Vertrauen aufbauen. Unsere Kinder sind in dieser Entwicklungsstufe nicht alleine überlebensfähig. Das beutet, die müssen um zu überleben, vertrauen. Vertrauen, dass sie gut versorgt werden. Vertrauen, dass sich jemand um sie kümmert. Vertrauen, dass sie sich entwickeln dürfen und neue Erfahrung somit eingehen. Je intensiver dieses Vertrauen aufgebaut und gelebt wird, desto stärker und mutiger sind die Kinder für die nächsten Schritte und Entwicklungsperioden.

Von dieser Oralphase geht es dann über in die Autonomie oder auch Analphase genannt. Der Übergang ist schleichend oder stürmisch. Es kann eine ruhige Zeit dazwischen sein oder aber es geht fließend. Das alles geschieht so individuell, wie unsere Kinder eben sind. Bei manchen spüren wir als Elternteil, dass jetzt eine Veränderung ansteht. Bei manchen kommt es über Nacht, so das alle überrascht sind – von dem Wandel der gerade stattfindet. Unabhängig wie diese Ära eingeläutet wird, sie findet im Alter von 2- 4 Jahren statt. In diesem Abschnitt  spüren die Kinder das erste Mal in ihrem Leben, dass sie ein eigeständiges Wesen sind. Das bedeutet, dass sie sich zum ersten Mal bewusst getrennt von den eigenen Eltern fühlen. Ihr müsst euch das so vorstellen:

Ihr seid über einen gewissen Zeitraum an jemanden gekettet (unsichtbare Nabelschnur). Und dieser jemand (ein Elternteil oder eine andere Vertrauensperson) kümmert sich um euch. Zeigt euch nur Dinge, wäscht und füttert euch. Gibt auf euch acht, in Situationen, die euch Angst machen. Dieser Mensch ist euer Nabel der Welt. Ihr könnt ihm ganz und gar vertrauen und in seiner Gegenwart fühlt euch sicher und geborgen. Eines Tages, erlebt ihr, dass diese Kette (unsichtbare Nabelschnur) lockerer wird. Das bedeutet, ihr könnt nun den Radius erweitern. Ihr könnt selber Dinge entscheiden, weil ihr spürt, dass ihr das könnt. Ihr seid nun sehr glücklich über diesen Zustand und wollte das sooft wie möglich ausprobieren. Wie weit geht die Kette, ohne das der andere Mensch mitkommen muss. Wenn ihr euch mit euren neuen Fähigkeiten verbindet und diese auch auslebt, hat der Mensch am anderen Ende mehrere Möglichkeiten:

  1. Dieser Mensch (Elternteil oder andere Vertrauensperson) freut sich mit euch. Er oder sie staunen über eure neuen Fähigkeiten und unterstützen euch, diese zu erforschen. Bei Rückschlägen sind sie für euch da. Dieses aufgebaute Vertrauen gibt euch Sicherheit.
  2. Dieser Mensch (Elternteil oder andere Vertrauensperson) hat Angst um euch. Aus diesem Beschützerinstinkt heraus, ist diese Person immer an eurer Seite. Nimmt euch Entscheidung ab, ersparte euch aus Angst Erfahrungen. Wie fühlt ihr euch, wenn es so wäre? Ich fühle mich verärgert. Ich würde denken: „Mensch, lass mich doch mal machen. Lass mich das mal ausprobieren.“
  3. Dieser Mensch (Elternteil oder andere Vertrauensperson) ist unsicher und überfordert mit dieser Situation. Aus diesem Gefühl heraus – ohnmächtig zu sein – handelt dieser Mensch wenig wertschätzend. Er oder sie maßregeln euch, wo es nur geht. Euch wird vorgeschrieben in welche Richtung alles zu laufen hat. Von Mitbestimmung keine Spur.

Nach dieser kleinen Reise – wie geht es dir? Was fühlst du? Kannst du dir vorstellen wie es unseren Kindern geht, die darüber nicht reflektieren können? Die keine Sprache haben um sich auszudrücken?


Schenke den Kindern Wertschätzung und du bekommst ein Mehr zurück

Kinder wollen uns nicht mit Absicht in den Wahnsinn treiben. Das ist so, auch wenn jetzt einige anders darüber denken. Auch ich habe meine Grenzen und auch ich glaube an manchen Tagen nicht so daran. Grundsätzlich ist es aber so.

Unsere Kinder kommen in diesem Alter das erste Mal mit Autonomie in Berührung. Sie spüren das sie unabhängig sind von anderen. Das sie ihre eigenen Entscheidung treffen können. Das sie darüber bestimmten, wann sie Kacka machen und wann nicht. Leider haben sie in diesem Alter eine eingeschränkte Kommunikation. Das bedeutet, dass sie vermehrt non-verbal mit uns reden. Durch den Ausdruck von Wut, Ärger und Freude – teilen sie uns mit, wie es ihnen gerade geht. Ich finde, dass ist für diese kleinen Menschen schon ganz schön viel. Und wenn ich mir vorstelle, dass da eine Veränderung in mir vorgeht, welche ich nicht deuten kann – dann schwebt da Unsicherheit und Angst immer mit.

Gerade in dieser Phase ist es wichtig, unseren Kindern Wertschätzung zu schenken. Dafür das sie sind – wer sie sind. Dafür, dass sie sich trauen neue Erfahrungen zu machen. Dafür, dass sie mein und dein Leben bereichern.


Was kannst du konkret tun?

1. Aushalten

Wenn dein Kind in dieser Phase anstrengend ist. Gefühle von null auf hundert gehen und vereinbarte Entscheidungen nicht eingehalten werden, dann ist es deine Aufgabe das Auszuhalten. Ja, richtig gelesen: AUSZUHALTEN. In diesem Wort steckt HALTEN. Vertrauen schenken und Zuversicht. Sicherheit und Geborgenheit geben.

Für mich ist AUSHALTEN das Schwerste. Das, was mich am meisten an meine Grenze bringt. Allerdings hat auch niemand gesagt, dass Kindererziehung leicht ist.

2. Beobachten

Wenn dein Kind in einer Situation anders reagiert, als du es gewohnt bist – urteile nicht. Unterlasse deine Vermutungen, was den nun schon wieder sein könnte. Interpretiere das Verhalten nicht. Stattdessen gehe in die Beobachtung. Was ist gerade passiert? Warum reagiert mein Kind jetzt so? Diese reine Beobachtung verbindet dich mit deinem Kind. Du siehst die Welt mit seinen Augen und hast so die Chance, zu verstehen, was gerade wichtig für dein Kind ist.

3. Unterstützen

Dein Kind erlebt seine Welt gerade auf den Kopf gestellt. Alles Gewohnte wird in Frage gestellt. Neue Gefühl werden erlebt. Wie geht es uns in neuen Situationen? Wir sind unsicher oder verängstigt. Diese Gefühle werden dann eventuell mit Wut ausgelebt oder mit zu freundlichen Gestiken. Nimm das wahr und unterstütze dein Kind. Sprich mit ihm. Und selbst wenn es deine Worte und Inhalte nicht versteht, es spürt deine Unterstützung. Es spürt, dass es nicht alleine ist. Es spürt, dass etwas geschieht und du an seiner Seite bist.

Die sind nur 3 Impulse für dich und deinen Alltag. In meinen Augen – sehr wichtige.


Frage an meine Leser: Ist es hilfreich, interessant und lesenswert für euch, wenn ich die einzelnen Entwicklungsphasen vorstelle und Impulse für euren Alltag gebe? Hinterlasst mir in den Kommentaren eine kurze Rückmeldung, wie es euch damit geht.


Ich wünsche dir viel Freude beim Entdecken, Ausprobieren und Erleben.

Für kleine Hilfestellungen in der Umsetzung kannst du dich jederzeit an mich wenden.

Sowohl per Email als auch persönlich bin ich als Unterstützung für dich da.

Das Miteinander darf leicht sein und Kommunikation auch!

Sonnige Grüße

Jana

Bildquelle: www.pixabay.de

4 Gedanken zu “Wertschätzende Kommunikation – Teil 12

  1. Wünsch, Angelika schreibt:

    Danke für deinen interessanten Beitrag.
    Ich erlebte vor ein paar Wochen meine 3 jährige Enkeltochter weinend allein im Flur der kita.
    Mein Enkel hatte sich nicht angezogen. Die war im Gedanken noch im Feenzauberland. Darauf hin war sie von ihrer Erzieherin ausgeschimpft worden und allein im Flur gelassen. Ihre Gruppe ist in den Garten gegangen.
    Die kleine hat so verzweifelt geweint. War panisch, ängstlich..
    Ich bin dann mit der kleinen zur Erzieherin und fragte, wieso die kleine allein zurück gelassen wurde.
    Beschämend für die Mitarbeiter.

    .

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    • janaludolf schreibt:

      Liebe Angelika,
      vielen Dank für das Teilen deiner Erfahrung. Vielleicht sind die Mitarbeiter überfordert, vielleicht sind sie in diesem Moment erschöpft, vielleicht kennen sie einfach keinen anderen Weg … Egal was es ist, trotzdem sollte die Wertschätzung dabei nicht unter gehen.

      Sonnige Grüße
      Jana

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  2. Marion schreibt:

    Liebe Jana,

    deine Beiträge lese ich sehr gerne und freue mich, wenn du Zeit hast, noch weitere Entwicklungsphasen zu beschreiben.
    Ich wünsche mir, dass du mit deinen Impulsen viele Menschen neugierig machst:-)
    Ich bin an öffentlichen Orten oft verwundert, welche Prägungen wir Erwachsenen haben und diese an unsere Kinder geben. Meist sind es Situationen, in denen Eltern gestresst, erschöpft oder überfordert sind.
    Vielleicht können wir zusammen etwas auf die Beine stellen, um mehr Wertschätzung im Miteinander zu bewirken?
    Für mich ein Herzensthema:-)

    Gefällt 1 Person

    • janaludolf schreibt:

      Liebe Marion,

      vielen Dank für deine Rückmeldung, dass weitere Beiträge zum Thema Entwicklungsphasen interessant für dich sind. Des Weiteren wünsche ich mir ebenso wie du, viele Menschen mit meinen Artikel zu erreichen und zu bereichern. Ihnen neue Impulse und Ideen für den Kommunikationsalltag mitgeben zu können. Eine Art Anlaufstelle für Notfälle ;-)
      Die Idee, etwas zusammen auf die Beine zu stellen – zum Thema Wertschätzung, finde ich toll. Schreib mir doch bitte eine Email mit deinen Ideen.

      Sonnige Grüße
      Jana

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