Beschwichtigt nicht mit Plattitüden

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Heute morgen krabbelte meine Tochter auf meinen Schoss und erzählte mir von ihrem Traum letzte Nacht. In diesem Traum hatte sie mich bei einem Ausflug aus den Augen verloren und war alleine in einem Zug. Sie hatte Angst. Selbst jetzt auf meinem Schoss – hatte sie noch Angst. Ich hielt sie ganz fest.


Das Leben der Anderen

In Jugendjahren träumen viele von dem Leben, dass sie später einmal leben werden. Eine große Hochzeit mit dem weißen Ritter, eine Weltreise oder die Karriere von denen unsere Nachfahren noch berichten werden. Diese Träume werden in den schillerndsten Farben ausgemalt und ganz fest an die Verwicklung geglaubt. Doch dann passiert meist etwas auf dem Weg der Traumerfüllung. DAS Leben kommt uns dazwischen. Da entpuppt sich der weiße Ritter eher als graue Maus und die Weltreise scheitert an der Flugangst. Die Enttäuschung ist in diesen Momenten groß. Oft wird dann auf das Leben der Anderen geschaut. Die Sehnsucht wächst und der Neid auch. Die Gram darüber, dass wir es nicht geschafft haben lässt uns in ein großes Loch fallen. Fehlende Wertschätzung sich selbst gegenüber ist das erste Resultat. Das Zweite ist, die fehlende Wertschätzung den anderen Gegenüber.

Und wäre das nicht schon irgendwie alles genug, kommt noch ein drittes Ergebnis hinzu. Die klugen Sprüche der Mitmenschen.


Erfahrungen machen uns lebendig

Erfahrung sind Erlebnisse an denen wir wachsen und reifen. Mit gemachten Erfahrungen gestalten wir unser Leben, können anderen wertvolle Ideen mit auf ihren Weg geben und unseren Fokus besser ausrichten. Da jeder seinen Weg geht, macht eben auch jeder seine Erfahrungen. Manche Erfahrungen machen wir bewusst. Zum Beispiel der Fallschirmsprung aus dem Flugzeug, das Pilgern auf dem Jakobsweg, die Rede vor viele Menschen zum Lieblingsthema.

Dann gibt es noch die Erfahrungen die wir ungeplant und vor allem ungewollt machen. Der Verlust eines lieben Menschen, die Scheidung vom Traumprinzen, die Kündigung der Arbeit.

Hinzukommen dann die Kleinigkeiten aus dem Alltag die uns passieren und uns nicht immer gefallen. Der Alptraum der Tochter, die Unpünktlichkeit beim Meeting, das Krisengespräch mit der besten Freundin. All diese Erlebnisse formen uns. Geben uns Kraft oder lassen uns diese nehmen.


Was hat das nun mit Kommunikation zu tun?

Eine wertschätzende Kommunikation basiert darauf, dass wir dem anderen positiv gegenüber stehen. Ohne Be- und Verurteilungen.

In den oben beschriebenen Beispielen kann es passieren, dass uns Menschen gegenüber stehen, die nicht wertfrei sind. Sie beurteilen unseren Sprung aus tausend Meter, wussten schon vor der Hochzeit das der weiße Ritter eine face ist und den Pilgerweg zu gehen ist nicht mutig, sondern waghalsig. Warum tun sie das? Warum beschwichtigen sie an Stellen, wo wir nur gehört werden wollen? Warum machen sie unsere schönen Erlebnisse madig? Warum wissen sie, wie es mir geht, wenn ich es doch gerade selber nicht weiß?

In jeder Beziehung (und Kommunikation ist Beziehung) zeigen wir ein Stück von uns und berühren damit auch den Gesprächspartner. In diesem Moment werden in ihm ebenso Gefühle geweckt wie in uns. Der Unterschied ist meist, dass der Sprecher von seinen Gefühlen weiß. Von der Euphorie bei der sicheren Landung, von der inneren Kraft beim Durchstehen der Scheidung, von der Trauer beim Verlust eines nahestehenden Menschen. Der Gesprächspartner wird quasi ‚überrumpelt‘ mit intensiven Dingen und kommt so an seine eigenen Grenzen. Das erschreckt und kann Angst machen. Um das nicht zu fühlen oder sich mit seiner Geschichte auseinanderzusetzen, gehen diese Menschen in eine Abwehrhaltung. Das ist nichts schlimmes, denn so schützen sie sich. Vor Dingen die ihnen gefährlich werden könnten. Vor Entscheidungen die ihren Alltag auf den Kopf stellen könnten. Diese Abwehrmechanismen sind sehr nützlich – für sie. Für den, der gerade etwas zu berichten hat, kann das dagegen sehr störend sein. Ja sogar das Gefühl von Wut oder Ärger hervorrufen. Warum? Blöde Sprüche, Bewertungen oder Ironie in der Kommunikation zeigen, dass derjenige gerade mehr bei sich ist, als beim Gegenüber. Diese Art des Miteinander spiegelt, dass es nicht um den Sender geht, sondern um den Empfänger. Die eigenen Bedürfnisse sind in diesem Moment wichtiger als die des Gesprächspartners. Von Wertschätzung ist in diesen Momenten nichts zu spüren.


Was kannst du tun?

  1. Sprich an, was du wahrnimmst. So fühlt sich dein Gegenüber von dir erst genommen und verstanden.
  2. Sprich deine Unsicherheiten an. Sage, dass du gerade überfordert bist mit seinen Gefühlen. Du gerade nicht weißt, wie du dich verhalten sollst.
  3. Wenn dir die Situation über den Kopf wächst – sei ehrlich und sage es. Benenne, dass du für diese Gesichte nicht der richtige Ansprechpartner bist. So kannst du dich schützen und dein Gegenüber hat Klarheit.
  4. Wenn du eine ähnliche Situation erlebt hast, dann nimm das wahr und parke sie. In diesen Momenten geht es nicht um dich, sondern um dein Gegenüber.
  5. Wenn du merkst, dass du eine eigene Geschichte zu erzählen hast, frage nach, ob du sie erzählen darfst.
  6. Unterlasse alle Plattitüden die du kennst. Ebenso Ironie und Sarkasmus.

Wie war das mit den Mokassins?

Meine Anliegen ist, beurteilt nichts was ihr selber nicht erlebt habt. Redet die Angst der Kinder nicht runter. Beschwichtigt nicht mit Plattitüden. In diesen Momenten ist das Bedürfnis nach gehört werden groß. Nach Zusammensein. Nach sich anlehnen und Geborgenheit. Besonders das Bedürfnisse nach ernst genommen zu werden, steht hier im Vordergrund. Jeder mit seiner Geschichte und seinen Gefühlen möchte gesehen und gehört werden. In diesen Momenten hat der Zuhörer nur eine Aufgabe: Zuhören. Die eigenen Bedürfnisse zurückstellen und dasein. Eventuell nachfragen, was sich der Gegenüber jetzt wünscht. Was ihm gut tun würde. Was man selber tun kann für ihn.


Ich wünsche dir viel Freude beim Entdecken, Ausprobieren und Erleben.

Für kleine Hilfestellungen in der Umsetzung kannst du dich jederzeit an mich wenden.

Sowohl per Email als auch persönlich bin ich als Unterstützung für dich da.

Das Miteinander darf leicht sein und Kommunikation auch!

Sonnige Grüße

Jana

3 Gedanken zu “Beschwichtigt nicht mit Plattitüden

  1. Peter schreibt:

    Vielen dank, liebe Jana für diesen wunderschönen Artikel. Er berührt eine tiefe Sehnsucht in mir und erinnert mich neu daran, wie es möglich ist, Verbindung zu einem Gegenüber entstehen zu lassen. Danke für die Erinnerung.
    Liebe Grüße,
    Peter

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