Ich bin Schuld.
Daran, dass meine Kinder weinen. Daran, dass meine Freundin traurig ist. Daran, dass meine Eltern sich schlecht fühlen. Daran, dass mein Sexleben nicht stattfindet. Daran, dass mein Mann so lange arbeitet. Am fehlenden Weltfrieden. Am Wetter. Am Stau … Es gibt so viele Dinge, für die wir Frauen uns schuldig fühlen, ohne das Jemand jemals irgendwas zu uns gesagt hat. Schlimmer noch, ohne das es unsere Schuld überhaupt ist.
Gibt es eine Schuld?
Schuld ist ein Wort, welches schnell gebraucht wird, ohne wirklich darüber nachzudenken, was es bedeutet.
Schuldig fühlen wir uns oft, weil uns das so suggeriert wird. Als wir noch Kinder waren, da hieß es „Wer hat den Streit angefangen? Wer ist Schuld?“ – „Wer hat das Glas runtergeschmissen? Wer ist Schuld?“ – Schlimmer noch: „Mama ist jetzt traurig, weil du nicht aufgegessen hast. Du bist Schuld an meiner Laune.“
Diese Erfahrungen sitzen so tief in uns drin, dass wir sie kaum noch bemerken – außer, wenn es darum geht – wer Schuld hat. Da spüren wir wieder dieses Ziehen im Bauch und das Kratzen im Hals. Besonders wenn es sich um Dinge handelt, die wir gerne tun würden, uns aber nicht trauen. Weil wir ja nicht Schuld sein wollen, dass sich Andere wegen uns schlecht fühlen. Sei es, dass wir zum Sonntagskaffee zur Familie fahren, obwohl wir lieber am See samt Eis sitzen würden. Sei es, dass wir in der Kaffeepause auf Arbeit doch den Geburtstagskuchen der Kollegen essen, obwohl wir eigentlich auf Zucker verzichten wollen. Sei es, dass wir doch mit unserem Partner schlafen, obwohl uns gerade gar nicht danach ist.
Es ist so, dass es genug Situationen gibt, in denen wir nicht nach unseren Bedürfnissen handeln, sondern nach den Wünschen der Anderen. Weil wir eben nicht Schuld sein wollen.
Zum Thema Schuld gibt es einiges zu sagen. Zum einen, dass Schuld nur dann stattfindet, wenn wir gegen etwas verstoßen haben – für das wir verantwortlich sind. Verletzen wir also das Gesetz oder eine sittliche Regel, dann haben wir Schuld, da wir verantwortlich sind, für das was wir tun. Weil wir wussten, dass es diese Regeln gibt und somit auch die Konsequenz für unser Tun übernehmen.
Meistens entsteht diese unsichtbare Schuld, wenn wir für Menschen oder Dinge Verantwortung übernehmen, für die wir gar keine Verantwortung haben. Wir sind nicht dafür verantwortlich das unsere Freundin jetzt Liebeskummer hat und wir sofort zur Stelle eilen müssen. Wir sind dafür nicht verantwortlich, dass unsere Eltern ein schönes Wochenende haben und wir dafür an der Kaffeetafel sitzen sollen. Das alles geschieht nicht im Sinne von Schuld. Das alles entsteht, weil uns eingeredet wird, wir wären Schuld, weil es dem Anderen schlecht geht.
Doch:
Wir sind nicht dafür verantwortlich, wenn uns Menschen unkontrolliert ihre Bedürfnisse aufs Auge drücken und erwarten, dass wir sie kommentarlos erfüllen. NEIN. Nicht umsonst gibt es den Spruch: „Jeder ist seines Glückes Schmied.“
Übersetzt bedeutet das, jeder ist für die Erfüllung seiner Bedürfnisse selbst verantwortlich. Und auch wenn du jetzt denkst „ Und was ist mit dem Sex? Mit wem soll mein Partner denn den haben, wenn nicht mit mir?“ Mit sich selbst vielleicht? Du bist doch nicht sein Spielzeug, dass er sich zu Gemüte ziehen darf, wenn er Lust hat – ohne zu fragen, ob es auch gerade dein Bedürfnis ist. Ebenso können deine Eltern die Bitte äußern, dass du zum Kaffeeklatsch vorbei kommst. Doch wenn das nicht der Fall ist, dann ist das deine Entscheidung, weil du gerade andere Bedürfnisse hast, die erfüllt werden wollen.
Schuld ist der einfachste Weg, raus aus der eigenen Verantwortung zu kommen. Hin zu dem Anderen. Somit haben wir einen Anlass zum Jammern und Lästern. Wir kommen nicht ins Tun, da ja wer anderes Schuld hat. An unserem Glück. An unserer Situation. An den Umständen.
Willst du mauzen oder machen?
Wenn wer Anderes Schuld hat oder gar wir, dann lähmt uns das. Statt aktiv zu werden, sind wir so mit Schuld voll, dass uns nix mehr einfällt, außer zu mauzen.
Ganz ehrlich: Willst du das? Möchtest du deine ganzes Leben verpassen, weil du keine Verantwortung für dich übernommen hast und dir Schuld aufladest, die gar nicht zu dir gehört? Möchtest du auf dein Lebenstraum verzichten, weil du denkst, dass du Schuld hast am fehlenden Lebensglück von Menschen in deiner Umgebung? Möchtest du am Ende deiner Tage sagen: „Na prima, jetzt sterbe ich und dann bin ich Schuld an der Traurigkeit der Anderen? Als wenn ich nicht schon mein ganzes Leben versucht habe, es allen recht zu machen. Am Ende versagt mir auch das.“
Streife die Schuld ab
Als allererstes, streife die Schuld ab. Egal welche. Streife sie ab, roll sie zusammen und dann ab in die Biotonne.
Ersetze Schuld durch das Wort Verantwortung. Du bist verantwortlich.
Für was?
Schreibe dir die Dinge auf, für die du wirklich verantwortlich bist. Mit wirklich meine ich die Dinge, die du wirklich beeinflussen kannst. Dinge, die du wirklich ändern kannst. Dinge, die dich direkt betreffen.
Schau dir deine Liste an und dann mache.
Streiche Dinge, die die mehr Kraft rauben als schenken.
Streiche Menschen, die dich schuldig fühlen lassen.
Verändere Situationen und Umstände so, dass du dich frei, statt schuldig fühlst.
Denn am Ende ist das Leben zu kurz, als das du auf die Momente verzichtest, die dich glücklich machen können.
Alles Liebe
Deine Jana